Eine Einführung in die Ausstellung
Konzept von Kirsten Hauer und Friedhelm Krause, Historiker aus Marburg. Gestaltung Thomas Scheuermann (Birstein).
Im Haus des Staatsrats Weber
Das Museum befindet sich im ehemaligen Haus der wohlhabenden Schottener Familie Pröscher, einem stattlichen Fachwerkbau von 1816. Es war nach der Heirat des Forstassessors Karl Weber mit Ida Pröscher das Zentrum der Familie, auch wenn hier meist die unverheiratete Schwägerin Anna Pröscher allein wohnte und 1908 mit dem renommierten Gießener Architekten Hans Meyer den Innenausbau mit Jugendstilelementen selbständig organisierte.
Nach dem Tod beider Söhne des Ehepaars Weber im Ersten Weltkrieg verfügte die Familie 1917, das Haus in eine Gedenk-Stiftung einzubringen und in ihm ein Museum einzurichten. Dieses widmet sich heute der Familie Weber-Pröscher, dem beruflichen und politischen Wirken Karl Webers sowie der Stadt Schotten und dem Leben in der Vogelsbergregion. Hier begegnen Sie höchst unterschiedlichen Menschen aus Familie, Stadt und Region, deren Biographien Aufschluss über ihre jeweilige Lebenszeit geben.
„Beletage“
Im ersten Stock, also auf der „Beletage“, spielte sich das Leben der Familie Weber-Pröscher ab. Es ist die Lebenswelt einer wohlsituierten Schottener Familie Ende des 19./Anfang des 20. Jahrhunderts. Bei diesen drei Familienräumen, handelt es sich um authentische Räume mit dem Zeitschnitt der 1930er Jahre. Dabei wird nicht allein das Leben des Staatsrats Karl Weber thematisiert sondern auch, welche Menschen in enger Verbindung zum Haus standen, es durch Bewohnen oder Umbau prägten. Dies waren vor allem Frauen wie Anna Pröscher, aber auch Karoline Zimmermann und die Gemeindeschwester Haintz.
Spannenderweise wird dieser erste Familien-Raum dadurch thematisch ein „Frauenzimmer“, denn trotz des im übertragenen Sinne „übergewichtigen“ Herrn Weber, haben gerade Frauen das Haus geprägt.
Damit wird zumindest ein kleiner Kontrapunkt zu Karl Weber gesetzt, der es vom Waisenkind im Kaiserreich bis in hohe politische Ämter des Großherzogtums Hessen schaffte.
Nachhaltige Forstwirtschaft
Im zweiten Obergeschoss weitet sich der Blick in die Region Vogelsberg. Dafür bot sich die Person Karl Webers an, denn mit seinem Wirken ergaben sich Anknüpfungspunkte für die folgenden Themen wie die Gründung der Forstschule in Schotten, für die Weber sich maßgeblich eingesetzt hat.
Am Beginn dieses Ausstellungsbereichs stehen Fragen der Försterausbildung, der Wiederaufforstung des um 1800 weitgehend kahlen Vogelsbergs, der Landwirtschaft und der Reformbestrebungen wie dem Generalkulturplan, mit dem Anfang des 20. Jahrhunderts der allgemein eher darbenden Bevölkerung neue Perspektiven gegeben werden sollten.
Im Zuge der Besiedlung des rauhen Vogelsberges hatten seit dem Mittelalter Rodung, Eisenerzeugung und Weideviehhaltung den Wald zurückgedrängt. Um 1800 gab es im Vogelsberg kaum noch Wald. Die Wiederbewaldung erfolgte im 19. Jahrhundert mit dem Anbau der Fichte statt der Kiefer. Eine nachhaltige Waldbewirtschaftung brauchte also gut ausgebildete Förster. In den 60 Jahren ihres Bestehens wurden in der Forstschule in Schotten ungefähr 2.000 Förster ausgebildet.
Aber auch vom Leben der Fuhrleute bis zum kreativen Umgang der Schreiner und Schnitzer mit dem Werkstoff Holz erfahren wir. Das Thema schlägt eine Brücke zwischen Stadt und Region und zeigt die Beziehungen zwischen beiden auf, wenn einerseits die Holzgewinnung beleuchtet und andererseits die Verwendung in der Stadt Schotten, auch im Haus der Familie Weber-Pröscher thematisiert wird.
Aspekte, die schließlich im Raum „Leben mit Holz in ‚Hessisch Sibirien’“ zusammenkommen.
Fremdenverkehr
Eine weitere Zukunftsperspektive wurde mit dem Fremdenverkehr im Vogelsberg und dem Ausbau der touristischen Infrastruktur gerade in Schotten eröffnet. Man begegnet den Anfängen des Tourismus in der Region, ihrer Tradition als Wander- und Wintersportgebiet, wobei die Rolle des Vogelsberger Höhen-Clubs seit 1881 ebenso beleuchtet wird, wie die Bedeutung des Vogelsbergs als dem ältesten Naturpark Hessens, an dem sich Probleme von (Freizeit) Nutzung und Naturschutz manifestieren.
Nazis auf dem Hoherodskopf
Es wird aber auch eine dunkle Seite der Vogelsbergregion thematisiert. Die Darstellung des Nationalsozialismus ist ein inhaltlicher Schwerpunkt der neuen Ausstellung.
Am 18. Juni 1932 veranstalteten die Nazis eine Sonnenwendfeier auf dem Hoherodskopf mit Hitler und Göring. Und 40.000 (!) Menschen kamen. Bei dieser Gelegenheit wurde Hitler zum Ehrenbürger ernannt.
In diesem Sinne kontrastieren zwei Fotos den NS-Aufmarsch auf dem Hoherodskopf im Juni 1932 anlässlich der dort mit Beteiligung von NSDAP-Größen wie Hitler und Göring groß inszenierten Sonnenwendfeier und gleich daneben winterliche Freizeitfreuden. Ähnlicher Ort, völlig unterschiedliche Bilder und Zeiten.
Was bleibt zu tun?
Unser Museum hat schon weitgehend Gestalt angenommen, doch noch immer fehlen wichtige Abteilungen, die in der nächsten Jahren in Angriff genommen werden sollen.
Dies sind die Stadtgeschichte, die Rennen am Schottenring von 1925 bis 1955 samt motorsportbegeistertem Besucherstrom und ein Veranstaltungsraum mit dem zentralen Exponat der Werkstatt des bekannten und hoch dekorierten Puppenschnitzers Friedrich Falkner, der sein letztes schaffensreiches Lebensdrittel in Schotten verbracht hat. In diesem Raum werden dann künftig die museumspädagogischen Angebote und weitere Veranstaltungen des Museums stattfinden können.
Die Schottener Wintermetzger
Die sogenannte Wintermetzgerei war in Schotten verbreitet und hat auch der Familie Pröscher zu Wohlstand verholfen. Im Frühjahr wurde das Vieh auf die Weide getrieben. Im Herbst, wenn es zurück in die Ställe kam, war dort wegen des Nachwuchses zu wenig Platz. Es wurde geschlachtet und zu Wurst verarbeitet. Diese handwerklich hergestellte Wurst bekam höchste Auszeichungen und wurde bis nach Frankfurt, Darmstadt und andere große Städte vermarktet.
Die Schottener Wintermetzger wurden richtig reiche Leute – ja bis sie die norddeutschen Wurstfabriken und fehlende Innovations-Ideen in den Ruin trieben. Ihrer Geschichte wird ein gesonderter Raum gewidmet.
Bereits vor mehreren Jahren produzierte der Vogelsberger Kultur- und Geschichtsverein einen Film über die Wintermetzger.
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